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Der "Serapistempel" in der Geschichte der Geologie

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Drei Säulen, am Eingang zu einem ehemaligen römischen Markt im italienischen Städtchen von Pozzuoli, spielten eine wichtige Rolle in der Geschichte der Geologie. Es sind eher unscheinbare Ruinen,  wären da nicht bis in über 7m Höhe seltsame Fraßspuren im Stein - Spuren von Bohrmuscheln. Bohrmuscheln leben im nahen Mittelmeer, doch wie ist es möglich das sie ihre Bohrgänge in die Säulen frästen - dazu müssten die Säulen zunächst auf dem Festland gebaut worden sein, dann untergetaucht und anschließend wieder emporgehoben worden sein.

Die Säulen von Pozzuoli, fälschlicherweise auch als Säulen des Serapistempels bezeichnet, sind insgesamt 48, die höchste noch erhaltene Säule ist 12m hoch, die Bohrgänge erstrecken sich in einem Gürtel zwischen 3,6 und 6,3m. Die Markthalle stand bis ins Jahre 205 n. Chr., verfiel danach und wurde bis in einer Höhe von dreieinhalb Meter von Schutt bedeckt. Sie wurde zumindest einmal von Meerwasser bedeckt, danach angehoben und steht heute wieder teilweise unter Wasser.
 
Abb.1. Grundriss der römischen Markthalle von Pozzuoli, Schema einer Säule und veraltete Rekonstruktion der Absenkung und Hebung in den letzten 2.000 Jahren, aus MEDWENITSCH 1967. 

Zwischen 1830-33 publizierte der schottische Geologe Charles Lyell sein Werk "Principles of Geology", in dem er argumentierte, das die Oberfläche der Erde nicht durch plötzliche (zumeist unbekannte) katastrophalen Ereignisse geformt worden war, sondern durch die graduelle Wirkung von auch heute beobachtbaren Phänomenen. Die Säulen von Pozzuoli waren ein wichtiges Argument für die Theorie des "Aktualismus" - so wichtig, dass sie in Lyell´s Werk sogar auf den Innenumschlag abgebildet wurden, die erste Abbildung im gesamten 3-bändigen, Werk. Die Bohrmuschelgänge bewiesen nicht nur gewaltige vertikale Erdbewegungen in der Vergangenheit (mindestens bis zu 7m), sondern das die Säulen dabei aufrecht stehen blieben wies darauf hin, dass diese Bewegungen langsam, aber konstant, abliefen. Lyell konnte sogar die Ursachen dieser tellurischen Bewegungen in Pozzuoli erklären. Erst um 1538 war bei einer Eruption der 123m hohe Schlackenkegel des Monte Nuovo entstanden, die Gegend war eindeutig vulkanisch noch aktiv und durch Aufstieg von unterirdischem Magma angehoben worden. 

Allerdings war dies nicht die einzige Arbeitshypothese.

In 1786 hatte Johann Wolfgang von Goethe Pozzuoli besucht und als überzeugter Anhänger des Neptunismus, für den vulkanische Aktivität nur ein unbedeutendes lokales Phänomen war, war die Rolle die Lyell dem Magma bei der Bewegung der Erdkruste - vielleicht gar bei der Entstehung von Bergen - zubilligte ein rechter Dorn im Auge. Er schlug daher eine alternative Erklärung vor. Die Bohrmuscheln hatten demnach in Lagunen gelebt, die zeitweise durch Schutt aufgestaut worden waren, wobei auch die Ruinen des Serapistempels überflutet worden waren. 

 
Abb.2. aus J.W. von Goethe "Tagebuch der italienischen Reise 1786".

Allerdings verlor der Neptunismus zunehmend an Bedeutung, da immer mehr Hinweise darauf schließen ließen das vulkanische Aktivität eines der wichtigsten Elemente der Erddynamik waren.
 

Was Lyell noch nicht wissen konnte, die Bewegungen die durch aufsteigendes Magma verursacht werden sind überraschend schnell und erfolgen unregelmäßig. Neueste Datierungen deuten hin, dass die Säulen zwischen dem 5. und 15. Jahrhundert dreimal (nicht nur einmal wie in den älteren Rekonstruktionen) für einige Jahrzehnte ins Wasser tauchten und dann wieder emporgehoben wurden. Auch der Mechanismus der Bewegungen ist komplizierter als gedacht. Austeigendes Magma hebt  nicht etwa den Boden an, sondern Fluide aus dem Magma erhitzen das Grundwasser, das sich daraufhin ausdehnt und den Boden anhebt. Da die Grundwasserleiter sich über eine große Fläche erstrecken, kann das Wasser aber auch rasch wieder abströmen und der Grund senkt sich (geologisch gesehen) rasch wieder.

Literatur:

MEDWENITSCH, W.(1967): Zur Geologie der süditalienischen Vulkane Exkusionsführer. Mitteilungen der Geologischen Gesellschaft in Wien. Band 59, Heft 1: 120 +Farbtafeln
RUDWICK, M.J.S. (2008): Worlds before Adam - The Reconstruction of Geohistory in the Age of Reform. The University of Chicago Press: 614.

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