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Channel: Geschichte der Geologie
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Mars – die zweite Erde?

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Mars - eine fremde Welt, die doch bei genauerer Betrachtung anscheinend überraschende Gemeinsamkeiten mit der Erde aufweist - angefangen bei der Rotation, die durch den britischen Astronomen William Herschel aufgrund Beobachtungen in den Jahren 1777-1783 auf 24 Stunden 39 Minuten und 21,67 Sekunden festgelegt wurde.

Erst 1638 wurden erste, vorläufige Zeichnungen der Marsoberfläche dank verbesserter Fernrohre möglich. Die ersten wissenschaftlich brauchbaren Karten wurden 1645 vom niederländischen Astronomen Christiaan Huygens hergestellt - eine große dunkle Fläche die fast den gesamten Planeten einnahm bezeichnete er als "Sanduhrmeer". Es war dann wiederum William Herschel der zwei weiße Flecke an den Polen als Eiskappen deutete, die im Laufe des Jahres größer und kleiner wurden. Es schien dass auf den Mars unterschiedliche Jahreszeiten herrschen und dass die polaren Eiskappen je nach Jahreszeit anwuchsen oder schrumpften. 
Im 19. Jahrhundert waren die Fernrohre soweit entwickelt, dass immer genauere Karten von Mars veröffentlicht wurden - der französische Astronom Camille Flammarion wertete mehr als 2.600 Marszeichnungen aus um 1876 eine besonders detaillierte Karte zu veröffentlichen. Flammarion zählte 2 Ozean, 22 Meere und 4 große Kanäle die 5 große Kontinente voneinander trennten. Laut Flammarion war der Mars der Erde so ähnlich, dass ein zufälliger Besucher keine großen Unterschiede zwischen den zwei Planeten bemerken würde.

"Bäche, die in ihrem von der Sonne vergoldeten Kieselbett davoneilen; Flüsse, welche die Ebenen durchziehen oder im Grunde der Täler als Wasserfälle rauschen; Ströme, die langsam durch weite Landschaften der Meere zueilen."

Abb.1. Eine Mars-Karte aus FLAMMARION (1884): "Les terres du Ciel"

Eines der berühmtesten Kapitel in der Erforschung des Mars wurde vom Mailänder Astronomen Giovanni Virgino Schiaparelli (1835-1910) verfasst. 1859 hatte der italienische Astronom und Jesuitenpater Angelo Secchi reguläre Strukturen auf den Mars beschrieben, die er "canali" nannte - eine etwas zweideutige Bezeichnung die zwar künstliche Kanäle meinen kann, aber auch auf einfache enge Flussläufe oder Rinnen zutrifft. Schiaparelli übernahm diese Bezeichnung, allerdings legt er sich nicht wirklich fest ob sie künstlicher oder natürlicher Natur sind und beschreibt die Formen auf den Mars zunächst schlichtweg. Er fasst sie als Furchen oder Niederungen auf, durch denen Wasser in die verschiedenen Meer strömen konnte bzw. von den Eiskappen an den Polen zum Äquator gelangt, er bemerkt am Ende:

"Es ist nicht notwendig, anzunehmen, dass es das Werk intelligenter Wesen sei; und trotz des geometrischen Aussehens dieses ganzen Systems sind wir geneigt zu glauben, dass es in der Evolution des Planeten entstanden ist, genauso wie auf Erden der Ärmelkanal oder der vom Mozambique."

Schiaparelli beobachtete als einer der Ersten eine anscheinende Verdoppelung der Marskanäle zu bestimmten Zeiten (eine Beobachtung, die wie er selbst zugab, nicht jeder nachvollziehen konnte). Er vermutete dass es sich dabei um Überschwemmungsgebiete handelte, die durch die Schneeschmelze an den Polen überschwemmt wurden.

Schiaparelli war der Annahme dass der Mars bewohnbar (oder sogar bewohnt war) nicht gänzlich abgetan - eine Möglichkeit die damals nicht nur als möglich, sondern sogar als wahrscheinlich galt. 
Im Jahre 1895 veröffentlichte er schließlich einen Artikel - "Das Leben auf dem Mars" - in dem er offen über diese Möglichkeit spekulierte (allerdings nahm er seine eigenen Spekulationen nicht allzu ernst). Er ging sogar so weit die Gesellschaftsstruktur der Marsianer aufgrund der Bauweise der Marskanäle zu beschreiben. Die anscheinende Verdoppelung bzw. die breiter werdenden Marskanäle waren gewaltige Bewässerungssysteme, die nicht nur eine entsprechend entwickelte Technologie, sondern auch eine globale (und daher sozialistische) Regierung die ein solches Mammutwerk kontrollieren konnte, voraussetzte.

Abb.2. Die berühmt-berüchtigten Mars-Kanäle laut Schiaparelli, aus FLAMMARION 1881.

Der Amerikaner Percival Lowell war einer der größten Verfechter der Hypothese von Mars als bewohnter Planet bzw. des Kampfes seiner Bewohner gegen die herrschende Dürre auf den Mars. Ein Kollege von Lowell - William Henry Pickering - stellte richtigerweise fest, dass die dunklen Gebiete auf den Mars keine Meere sein können, da sie keine Reflektion wie Wasser zeigten und auf verschiedenen Ebenen lagen. Pickering vertrat die Meinung, dass es sich um eine Art von Vegetation handelte.
Die periodischen Veränderungen ließen vermuten, dass diese Vegetation zu bestimmten Zeiten abstarb und später nachwuchs - die Marsianer - so Lowell - versuchten die Vegetationsperiode zu verlängern, indem sie mittels einem ausgeklügelten Kanalsystem Wasser über den Planeten verteilten.

"Die Austrocknung des Planeten schreitet mit Sicherheit so weit fort, bis überall auf seiner Oberfläche kein Leben mehr aufrechterhalten bleibt. Langsam, aber sicher wird es mit der Zeit ausgelöscht werden. Wenn der letzte Funken auf dieser Weise erstickt ist, wird der Planet als eine tote Welt durch den Weltraum rollen und seine evolutionäre Laufbahn wird für immer beendet sein."

All diese Spekulation beruhten auf die Beobachtungen, die von der Erde aus gemacht worden waren - selbst die größten und besten Teleskope konnten allerdings nur verschwommene Bilder liefern. Auf den Mars waren große Veränderungen der Oberfläche sichtbar, es schien möglich, ja sogar wahrscheinlich, dass es sich um biologische Aktivität handeln könnte. Theoretische Gegenbeweise, wie von Alfred Russel Wallace der nachwies dass es auf den Mars viel zu kalt für flüssiges Wasser war, hatten es schwer mit den  unheimlich-geheimnisvollen Karten und Abbildungen, die von Mars veröffentlicht wurden, mitzuhalten.

Erst 1964 sollte eine Sonde die ersten Nahaufnahmen vom Mars senden, ein Moment der unser Bild von Mars für immer verändern sollte…

Literatur:

BASALLA, G. (2006): Civilized Life in the Universe: Scientists on Intelligent Extraterrestrials. Oxford University Press: 233
OESER, E. (2009): Die Suche nach der zweiten Erde - Illusion und Wirklichkeit der Weltraumforschung. Wissenschaftliche Buchgesellschft-Darmstadt: 208

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