Quantcast
Channel: Geschichte der Geologie
Viewing all 120 articles
Browse latest View live

Die Walthersche Faziesregel

$
0
0
In 1791 schlug der berühmte Chemiker Antoine Laurent de Lavoisier (1743-1794) vor das sich die Küste von Frankreich, genügend Zeit und Eintrag von Sand durch Flüsse vorausgesetzt, langsam Richtung tieferes Wasser verlagern müsste. Dies sollte man auch in den Sedimenten sehen, Tiefwasserablagerungen sollten sukzessive von Sandablagerungen, typisch für einen Strand, überlagert werden.
 
Aber erst Johannes Walther (1860-1937) wandte dieses aktualistische Prinzip konsequent auf die geologische Vergangenheit an und formulierte die moderne Faziesregel - bei ungestörter Schichtung können Fazies übereinander liegen die zeitgleich nebeneinander liegen. Zum Beispiel bei einem Anstieg des Meeresspiegels und  Vorrücken des Meeres, kommt es zu einer Transgression der Tiefwasser-Fazies die die Strandfazies überschüttet und überlagert – Fazies die rezent räumlich getrennt nebeneinander liegen kommen daher in einem geologischen Profil übereinander zu liegen. Der Begriff Fazies wurde vom Schweizer Geologen Amanz Gressly (1814-1865) eingeführt, der ihn als "Summe aller primären organischen und anorganischen Charakteristika einer Ablagerung an einem Ort", oder einfacher gesagt - Gesamtheit der Merkmale eines Gesteins, die durch die Ablagerungsort beeinflusst werden – definierte.
 
Walther war von kränklicher Gesundheit und musste mehrmals die Schule abbrechen, privat aber an Naturwissenschaften interessiert lernte er den Geologen Adolf von Koenen (1837-1915) und interessierte sich ab da auch für  Erdgeschichte. Walther arbeitete zunächst als Landwirt, aufgrund seines wissenschaftlichen Enthusiasmus wurde er trotz fehlendem Abitur an der Universität Jena aufgenommen, wo er  Botanik, Philosophie und Zoologie studierte. Nach der Promotion in 1882 studierte er Geologie und Paläontologie in Leipzig und München. Er fand eine Anstellung als Dozent in Neapel, wo er die Gelegenheit hatte die Sedimente des Golf von Neapel zu studieren. Im Sommer 1884 kartierte er zusammen mit Edmund von Mojsisovics (1839-1907) die Nördlichen Kalkalpen. Walther verglich die Verteilung der Gesteine im rezenten Golf von Neapel mit den fossilen Gesteinen der Kalkalpen bzw. die Rolle von kalkabscheidenden Organismen im Aufbau von Sedimentgestein. Rezente wie fossile Kalkriffe bleiben eines seiner Steckenpferde, studiert er sie doch in den folgenden Jahren in Ägypten, Sinai, Indien und Sri Lanka. Er bereist Zentralasien und schließlich in 1914 Australien.
 
Walther war der Erste, der beobachtbare Sedimentationsprozesse (vor allem im marinen Bereich) der Gegenwart anwandte um die Sedimentationsprozesse in  der Vergangenheit zu verstehen, vor allem in seinem Werk "Einleitung in die Geologie als historische Wissenschaft" führte er diese Vorgehensweise, die auch heute noch in der modernen Geologie angewendet werden kann, zu ihrer Vollendung.

Abb.1. Der Rosengartens (Dolomiten) zeigt beispielhaft das Übereinanderliegen und Verzahnung verschiedener Fazies -über eine horizontale Karbonatplattform (Contrin-Formation) liegen Tiefseeablagerungen der Buchenstein-Formation, diese werden von links nach rechts von Riffschutt der Schlern-Formation überschüttet.

Abb.2. Profil gezeichnet von Mojsisovics von Mojsvar, 1879.
 
Literatur:
 
HUBMANN, B. (2009): Die großen Geologen. Marix-Verlag: 192

Früher Bergbau in den Alpen: Der Stahl der Steinzeit

$
0
0
Bereits vor 9.000-9.100 Jahren wurde Silex im Bereich der Alpe Schneiderküren (1.540m SH) im Kleinwalsertal in Vorarlberg bearbeitet. Der Silex oder Feuerstein stammt von dem 15km entfernten Widderstein, wo dunkelgrüne bis graugrüne Radiolarit-Bänke anstehen und die frühen Bergmänner in Nischen entlang des Hangs das Gestein abgebaut hatten. Bei dem „Stahl der Steinzeit“ handelte es sich um Gesteinsarten die zu Werkzeugen weiterverarbeitet werden können, Feuerstein ist das bekannteste Material, aber in den Alpen wurden auch andere Gesteine verwendet:
    Festgesteine:
    Amphibolit/Nephrit, Serpentin, schleifbar und zäh, ideal für Beile.
    Verkieselte Oolithkalke und Kalkgesteine.
    Obsidian, fast optimales Gestein, allerdings sehr spröde

    Quarz und Quarzkristalle: Im Zillertal wurde auf 2.800m SH in der Mittelsteinzeit (8.000-4.000 v.Chr.) Quarzkristalle aus Klüfte abgebaut. Deses Mineral ist zwar nicht so geeignet für Werkzeuge wie Silex, sicherlich aber optisch beeindruckender. Quarzkristalle wurden aus den Alpen bis zum Achensee im Norden und nach Trient im Süden exportiert.
     
    Silex: unter diesen Begriff fasst man Kieselsäure-basierende Gestein mit muscheligen Bruch zusammen, zumeist biogenen Ursprungs, es werden zwei Hauptgruppen unterschieden
      1. ) --Hornstein: lagiges Material, meist in Formationen des Jura
           ---Radiolarit
           ---Lidit
           ---Spiculit
           ---Diatomit
           ---Chalcedon/Opal 
      2. ) --Feuerstein: knolliges Material, meist in kreidezeitlichen Formationen
      Abb.1. Steingerät aus Feuerstein.

      Die Qualität des Gesteins ist wichtig für die Eignung zur Bearbeitung. Der Steinzeitmensch war natürlich an einem perfekt geformten Abschlag interessiert, da dieser erste Abschlag vom Kernstein zu weiteren Steingeräten verarbeitet werden kann. Beim Schlag auf das Gestein entstehen Spannungswellen und die Reflexion und Eindringtiefe der Wellen ist abhängig von der Reinheit und Kompaktheit des Gesteins – zerrüttetes Gestein oder Gestein mit Inhomogenitäten wie Klüfte oder Sedimentationsgrenzen ist daher ungeeignet.
      In den Nördlichen Kalkalpen dominieren mesozoische (Trias und Jura) Sedimente, von denen einige auch die begehrten Kieselgesteine führen. Fundpunkte mit bearbeiteten Material weisen darauf hin das dieses Gesteine auch abgebaut und von Steinzeitmenschen für die Herstellung von Steingeräte verwendet wurden.
      Der Hauptdolomit ist grau bis bräunlichgrau, deutlich im Meterbereich gebankt mit oft deutlicher Rhythmik. Er erreicht bis zu 1500m Mächtigkeit. Im Landschaftsbild ist er durch raue, schroffe Wände, tiefe Runsen und meist stärkerer Schuttbildung gekennzeichnet. Nach oben hin geht er in Wechsellagerung mit dünnbankigen, mergelhaltigen und plattigen Kalken über (Plattenkalke). Die Plattenkalke verzahnen mit den Kössener Schichten - Mergel und Mergelkalke. Wegen der leichten Verwitterbarkeit bilden die Kössener Schichten meist Verebnungsflächen, die als Almhorizonte mit fruchtbaren Böden große wirtschaftliche Bedeutung haben.
      Der Rhätische Riffkalk, massige weiße Kalke, kann tektonisch bedingt fehlen. In Karsttaschen des Plattenkalke können rote Kalke (auch Lias-Kalke oder Rotkalk-Gruppe genannt, die Ammergauer-Formation und Ruhpolding-Formation zusammenschließend) vorkommen. 
      Über die roten Liaskalke treten rote, violettliche oder schmutzig grünliche Hornsteinschichten bzw. Radiolarite auf. Sie erreichen nur einige Meter an Mächtigkeit und zerfallen, tektonisch beansprucht, in feinen, scharfkantigen Schutt. Im Liegenden, besonders im Rofan-Gebiet, hängen mit den Radiolariten Kieselmergel und im Hangenden auch Kieseltone, Hornsteinkalke und –brekzien zusammen.
       
      Abb.2.& 3. Tektonisch weniger überprägte Radiolarit-Aufschluss an einem Bachufer im Rofan-Gebiet.

      Tatsächlich wurden in der Nähe zu den natürlichen Aufschlüssen der Radiolarite, einige hundert Meter entfernt, bei einer archäologische Grabung Hinweise auf eine frühe Abbautätigkeit gefunden.  Eine Radiolarit-Platte wurde hierher transportiert und auf ihre Qualität getestet, wie auch mehrere Kerne auf Bearbeitung des Materials schließen lassen. Funde von Steingeräten lassen einen älteren - mittelsteinzeitlichen Lagerplatz schließen. Das Überangebot an, zumindest für inneralpine Verhältnisse, gut bearbeitbares Material, lässt reges Sammeln vermuten, so wurde tatsächlich drei Kilometer entfernt ein weiterer Lagerplatz entdeckt.

      Kristallographen Keplers Gespür für Schnee

      $
      0
      0
      Der deutsche Astronom Johannes Kepler studierte nicht nur die Bewegung der Sterne, sondern interessierte sich auch für die Geometrie von Schneeflocken. 1611 publizierte er ein kleines Büchlein mit dem Titel „Strena seu de Nive sexangula - Über den sechs-zackigen Schnee“ in dem er sich fragt

      Woher kommt es, dass gleich zu Anbeginn die Schneekristalle, bevor sie noch zu größeren Flocken sich zusammenballen, sechszackig fallen stets und mit sechs rauen Strahlen, wie ein Gefieder anzusehen?“. 

      Abb.1. Kristalle setzen sich aus regelmäßig angeordneten Teilchen zusammen, aus Kepler´s Abhandlung.

      Kepler erkannte das  Wasserdampf regelmäßig auskristallisiert, allerdings konnte er nur auf eine alchemistische geheimnisvolle Kraft zurückgreifen woher diese ursprünglich Symmetrie stammt:

      Es wohnt also eine formbildende Kraft in dem Leib der Erde, die hervorgeht mit dem Dunst, ein Lebensgeist, vergleichbar der menschlichen Seele.“ 

      Die sechseckige Form der Schneekristalle beruht auf die Wechselwirkung der einzelnen Wassermoleküle, Feuchtigkeit und Temperatur. Fällt ein wachsender Schneekristall durch die Atmosphäre durchquert er schichten mit leicht unterschiedlichen Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen, auch der Wind tut sein übriges, da er jeden Fall einer Schneeflocke individuell gestaltet, so ist auch die endgültige Form der Schneekristalls individuell und einzigartig. 
      Es gibt Schneekristalle mit drei, zwölf, 18 und 24 Strahlen, da die meisten Kristalle bei ihrem langen Weg zerbrechen oder verschiedene Kristalle miteinander verschmelzen, stets ist der Wert aber ein Vielfaches oder Teil von sechs. Schneekristalle können je nach Temperatur flächenförmig, säulenförmig oder die klassische Schneeflocken-Form annehmen, an den Ecken ist nämlich die Wahrscheinlichkeit das Wassermoleküle auftreffen größer als an eine gerade Kante.
      Abb.2. Quarzkristalle, nach “Chrystallographie ou description des formes propres a tous les corps du regne mineral” von Rome de l´Isle (1783). Quarz wurd ein der Antike als ewig gefrorener Schnee gedeutet. So schreibt Plinius der Ältere (23-79 n.Chr.) „Wir können mit Sicherheit angeben, dass man er [der Bergkristall] in den Felsen der Alpen entsteht, oft an so unzugänglichen Orten, dass man ihn an einem Seil hängend herauszieht.“

      Gesteinsbildende Minerale: Feldspäte

      $
      0
      0
      Auf der Erde sind mehr als 7.000 Mineralien bekannt, wobei aber nur etwa 70 häufig sind und nur rund 10 Mineralien bauen 95% der Erdkruste auf, davon

      - 58% Feldspäte
      - 16,5% Augit (Pyroxene), Hornblende und Olivin
      - 12,5% Quarz
      -  3,5% Glimmer
      -  3,5% Eisenoxide
      - 1,5% Calcit

      Die geringe Anzahl der gesteinsbildende Minerale widerspiegelt die limitierende Verfügbarkeit von chemische Elemente auf der Erde, wobei Sauerstoff, Silizium und Aluminium (Hauptbestandteile vieler Silikate) bei weiten die häufigsten sind.

      Feldspäte sind die verbreiteste Minerale überhaupt – sind sie doch die wichtigsten Minerale in allen magmatischen Gesteinen und typisch auch für Metamorphite, nur in Sedimentgesteinen sind sie aufgrund ihrer leichten Verwitterbarkeit eher selten.
      Der Name Feldspat leitet sich aus der deutschen Bergbausprache ab und bezieht sich einerseits auf die ausgeprägte Spaltbarkeit, andererseits auf die Härte, -Feld- ist eine alte Bezeichnung für Fels bzw. hartes Gestein.

      Abb.1. Periklin ist eine häufige Feldspat-Varietät in alpine Mineralklüfte.
      Abb.2. Augengneis, typisches Gestein hochgradiger Metamorphose. Große, aber deformierte Feldspat-Kristalle in einer Matrix von Glimmer und Quarz.

      Vom Bergbau, Waldrodung und Umweltzerstörung

      $
      0
      0
      "Mögen die Menschen und Maschinen für ihre Sünden Gnade erfahren."
      The Animatrix (2003)
       
      Jede Zivilisation, ob sesshaft oder Jäger-Sammler, schädigt oder verbraucht die natürlich vorkommenden Ressourcen ihrer Umgebung. Bereits in der Vorgeschichte folgte dem Auftauchen des Menschen ein Massensterben an Großwild. Der frühe Mensch jagte nicht nur direkt die Tiere, sondern durch Brandrodung zerstörte er oft auch ihre Umwelt. Ackerbau verwandelte Wälder in Monokulturen in denen nur gewissen Pflanzen das Wachstum erlaubt wurde. Diese einseitige Nutzung des Bodens laugte ihn aus, ständige künstliche Bewässerung führte zur Versalzung des Bodens und die absterbende Pflanzen konnten den Boden nicht mehr vor der Erosion schützen. 
      Bereits der griechische Philosoph Platon (428/427 oder 424/423 bis 348/347 v.Chr.) beklagt:
       
      Der gesamte humusreiche und saftige Boden von den höher gelegenen Ländereien gleitet unaufhörlich abwärts und verschwindet in der Tiefe. Nur das nackte Gerippe des Gebirges, dem Skelett eines Kranken gleichend, ist übrig geblieben. Der kärgliche Boden des vegetationsarmen Landes kann die jährlichen Niederschläge nicht mehr aufnehmen. Sie fließen rasch ins Meer, sodass die Quellen und Bäche versiegen.“
       
      Die griechischen und später römischen Flotten verschlangen Unmengen an Holz, so dass entlang des Mittelmeers ganze Küstenabschnitte kahlgeschlagen wurden. Auch in den Alpen kann mittels Pollenanalyse das Erscheinen der Römer und ihren Einfluss auf die Vegetation nachgewiesen werden. Die Römer betrachteten Wälder als unkultivierte Wildnis und Rodungen waren daher auch eine politische Handlung, wobei auch hier einzelnen Stimmen, wie von Plinius der Ältere (23 oder 24 n.Chr. bis 79 n.Chr.), auf die Gefahren der Erosion und Hochwasser hinweisen. Die römischen Rodungen sind auch durch eine verstärkte Sedimentation rund um Rom nachweisbar.
      Die römischen Bergwerke für Gold und Eisen hatten der Landschaft schweren Schaden zugefügt. Plinius der Ältere schreibt in seiner „Naturalis historia“ „Als Sieger blicken die Bergleute auf den Einsturz der Natur … Wie unschuldig glückselig, ja wie prächtig wäre das Leben, wenn wir nicht anderes, als was über der Erde ist, begehrten.“ 


      Abb.1.Im 16-18. Jahrhundert werden die Alpen langsam von technischen und wissenschaftlichen Neuerungen erobert, in diesem Bild des Holländischen Künstlers C.D.Van der Hech sieht man einen Bergbau als Zeichen der Zivilisation, der fast schon im Widerspruch mit der unberührten Berglandschaft erscheint.

      Während den Wirren der Völkerwanderung erholte sich der Wald, vor allem in den Talebenen breitete sich Auenwald aus. Die Rodung nahm ab dem Mittelalter wieder beträchtlich zu, durch Nutzung der Hochflächen als Weiden und vor allem durch das nötige Brennmaterial der Schmelzöfen der zahlreichen Bergwerke

      Im Mittelalter führten die Rodungen im Einzugsbereich der Flüsse zur Zunahme der Erosion und Absenkung des Grundwasserspiegels. Gerodete Flächen lassen mehr Wasser abfließen und mehr Boden wird abgetragen. Allein die Waldschicht hält wie ein Schwamm 10-15% der Niederschläge zurück (und bis zu 30% an Schneefälle), die Abflussgeschwindigkeit am Waldboden ist gerade mal 25%  der Fließgeschwindigkeit auf nackten Boden.  Nach einer Rodung führt das zusätzliche Wasser zur Erosion von Erde und Gestein, dieses Sediment wird von den Gebirgsbächen den größeren Flüsse zugeführt.
      Die zusätzliche Sedimentfracht verschlammte die weiter unten liegenden Flüsse. Stehende Gewässer waren aber ein perfektes Brutgebiet für Stechmücken die die Malaria verbreiteten. Im eigenen Interesse führten daher die Venezianer als Erste eine Art Naturschutz ein. In eigens angelegte Forste wurde Bauholz gewonnen um so zeitgleich die natürlichen Wälder als Erosionsschutz zu erhalten. Aber das Bevölkerungswachstum im europäischen Mittelalter führte zu einer immer stärkeren Nutzung und Überbeanspruchung der Wälder, so das erste Nutzungsbeschränkungen eingeführt wurden um Schutzwälder im Gebirge zu erhalten. Um 1591 verfügte die Salurner (Südtirol) "Rigelordnung": 


      "Es soll auch niemand keinen raut im Wald nit machen noch prennen, weder jetzt oder hinfür, ob aber in ain ort verhanden wär, da ainer gar ohn schaden mit nuzperkait gmacht werden mechte, das selb ort sollen die viertlmaister außzezeigen gwalt haben."
       
      Erst mit Ausbruch großer Seuchen im 14. Jahrhundert schrumpfte die Bevölkerung und die Wildnis konnte sich einige Jahrhunderte lang erholen. Mit dem Erneuten Aufkommen von Bergbau und vor allem dann  mit der industriellen Revolution begann eine neuerliche Attacke an den Wäldern Europas von nie gesehenen Ausmaß.
       
      Im Jahre 1713 publizierte der Oberberghauptmeister in Freiberg (Zentrum des Bergbauwesen im Erzgebirge, die Gewinnung von Silber, Kupfer, Zinn und Kobalt verschlang gewaltige Mengen an Holz), Hans Carl von Carlowitz (1645-1714), ein Buch mit dem Titel „Sylvicultura oeconomica– Anweisung zur Wilden Baum-Zucht“. Aus einer adeligen Familie stammend, die das Floßwesen im Erzgebirge überwacht hatte, hatte er Erfahrung mit der (Über-)Nutzung des Waldes und spätere ausgedehnte Studienreisen bestätigten ihn in seiner Sichtweise.„Binnen wenig Jahren ist in Europa mehr Holz abgetrieben worden als in etzlichen seculis wachsen“, für kurzfristigen Profit wird der Wald gerodet aber „...durch Säen und Pflantzen und andere gehörige Arten in Stand erhalten werde, darauf denckt fast niemand.“ In seiner Sylvicultura fordert Carlowitz deshalb die „nachhaltende Nutzung“ dieser Ressource.
      Abb.2. Waldrodung um 1700, aus "Sylvicultura oeconomica".

      Im 20. Jahrhundert setze schließlich Umweltverschmutzung den Wäldern zu. Heutzutage führt das Auflassen von Siedlungsraum in den Alpen zu einer erneuten Zunahme des Waldanteils, wobei es jedoch lokal doch auch große Probleme mit Schipisten oder Verbauungen gibt.
       
      Literatur:
       
      THOMMEN, L. (2009): Umweltgeschichte der Antike. Verlag C.H.Beck: 188

      Gottes Werk und Teufels Beitrag: Der Vulkan als Gott und Höllentor

      $
      0
      0
      In Indonesien wird nahezu jeder der 128 aktiven Vulkane von einem Gott, Göttin, Dämon oder Geist heimgesucht. Dem Vulkan Bromo, dem hinduistischen Schöpfergott Brahma heilig, werden jährlich Opfer dargebracht. Und den Guanchen, die Ureinwohner von Teneriffa, ist der Teide heilig und Heimat des schrecklichen Berggottes Guayota.

      Auch auf dem europäischen Festland wurden die wenigen aktiven, dafür umso beeindruckenderen, Vulkane als Wohnsitze von Göttern gedeutet. Laut griechischer Mythologie lebt Hephaistos, der Gott des Feuers und der Schmiedekunst, unterhalb des Ätna. Der Dichter Vergil berichtet das der Riese Enkelados von Athene unter den Ätna verbannt wurde, ein anderer Riese, Mimas, wurde unter den Vesuv eingesperrt. Noch heute erschüttern ihre verzweifelten Befreiungsversuche die Erde.
       
      Das Christentum übernahm oder dämonisierte diese alten Legenden, so wurde aus dem Ätna die Pforten zur Hölle. So offenbarte sich 1660 der Schutzpatron von Neapel – Januarius -  indem er Kreuze aus dem Vulkan niederregnen lies – in der Form von Pyroxen-Zwillingen.

      Abb.1. Der Ausbruch des Vesuvs im Jahre 1631, der heilige Januarius haltet die Lava auf.

      Doch der Glaube an einen Gott in den großen monotheistischen Religionen könnte selbst auf einen Vulkan zurückgehen. Die semitischen Gottheiten Jahwe, Allah und der Gott des Christentum haben ihren Ursprung in ältere vorderasiatische Gottheiten, die mit dem Wetter, Stürmen und Blitze in Verbindung gebracht wurden (heutzutage ist dafür auch der Apostel Petrus zuständig). In Exodus 19 wird das Erscheinen Gottes am Berg Sinai mit „ein Donnern und Blitzen und eine dicke Wolke auf dem Berge und ein Ton einer sehr starken Posaune“ beschrieben und „Der ganze Berg Sinai aber rauchte, darum daß der Herr herab auf den Berg fuhr mit Feuer; und sein Rauch ging auf wie ein Rauch vom Ofen, daß der ganze Berg sehr bebte“-  immer wieder wird auf Rauch und Beben auf dem Berg hingewiesen, auch Phänomene einer vulkanischen Eruption. 

      Abb.2. Der Hekla auf Island als Pforte der Hölle, aus dem Kartenwerk von Abraham Ortelius (1527-1598).

      Auf der Sinai-Halbinsel gibt es keine Vulkane, sehr wohl jedoch auf der Arabischen Halbinsel – der Hala-'l Badr ist ein noch wenig erforschter Vulkan, der möglicherweise während des Holozäns aktiv war. Ein vergessener Vulkan-Gott der hier angebetet wurde könnte als Vorlage für den Gott der Israeliten gedient haben. Der Mythos wäre später von Arabien aus nach Sinai exportiert worden, daher die Neuinterpretation bzw. Beschreibung in der Bibel des Berg Sinai als "Vulkan".

      Die Verbindung von Vulkanen und Göttern wirkt noch in moderne Zeiten nach. Der italienische Theologe Antonio Rungi erklärte 2010 noch allen Ernstes den Ausbruch des Eyjafjallajökull auf Island als Beweis Gottes und göttlicher Hinweis auf unser Tun ...und das baldige (und letztlich ausgebliebene) Ende der Welt in 2012 durch einen Supervulkan...


      Seismologie und Atomtests

      $
      0
      0
      Seit 1996 ist ein weltweiter Kernwaffen-Teststopp gültig, den bis heute 165 Staaten unterzeichnet und 91 ratifiziert haben. Um diesen Teststopp zu überwachen spielt auch die Seismologie eine Rolle (auch der vermeintliche Test von Nordkorea wurden damit entdeckt). Beim ersten Unterwassertest - Kodename "Baker" - eines nuklearen Sprengkörpers wurde klar, dass die erzeugten Druckwellen eine Überwachung von Atomexplosionen möglich machten. Eine Explosion verursacht charakteristisches Wellen, die durch die Erdoberfläche geleitet und von einer Erdbebenwarte erfasst werden können – mit dem heutigen Überwachungsnetz können Sprengungen ab einer Stärke von 1000 Tonnen TNT nachgewiesen werden (als Vergleich, die Atombombe von Hiroshima hatte eine Sprengkraft von 12.500 Tonnen TNT).
       

      Im Unterschied zu einem Erdbeben, das entlang einer Störungsfläche entsteht und daher eine bevorzugte "Ausstrahl-Richtung" bei den Erdwellen zeigt, strahlen bei einer Explosion die Erdwellen konzentriert und kreisförmig von einem einzelne Punkt aus (wie ein Stein der in einem Teich geworfen wird). Das Wellenmuster bei einem Erdbeben ist auch komplexer weil es zu Streuungs- und Brechungseffekten kommt (P= Druckzellen, S= Sekundäre Wellen, R= Oberflächenwellen).

      Jedoch hat diese Methode auch ihre Grenzen. Die genaue Erfassung einer Atomexplosion hängt von Rahmenbedingungen – wie die Geologie des Testgeländes ab – sind diese Unbekannt oder gibt es keine Erdbebenwarte in der Nähe kann es zu Fehlern in der Abschätzung der Stärke und Tiefe kommen. Dies wurde deutlich als in 1998 bekannt wurde, das Indien und Pakistan mehrere Test durchgeführt hatten, aber die Anzahl und Stärke vom weltweiten Überwachungsnetzwerk unterschätzt wurde. Noch 1963 vereitelte die unsichere Erfassung von Atomtests sogar ein umfassendes Testverbot da es keine Möglichkeit gab die Einhaltung des Verbots zu kontrollieren.


      Carl von Linné und sein schwieriges Verhältnis zu Fossilien

      $
      0
      0
      Carl von Linné  (1707-1778) ist berühmt für die Einführung der binären Nomenklatur mit Gattungs- und Artname und der Klassifizierung alles irdischen Lebens. Weniger bekannt ist das er auch Mineralien als Regnum lapideum in seinem Werk „Systema Naturae" (1735) behandelt und eine Einteilung nach äußeren Merkmalen, besonders der Kristallform, vorschlägt.

       
      Abb.1. Carl von Linnés"Systema Naturae", Ausgabe von 1770, mit einer Tafel die verschiedene Kristallformen zeigt.

      Fossilien wurden dagegen eher stiefmütterlich behandelt. Das berühmte Skelett eines Riesensalamanders teilt er als Homo diluvii testis den Anthropolithen (Menschenstein) bzw. Zoolithus Petrifactum (von zoon= Geschöpf oder Gestalt und lithos=Stein) zu. 



      Die Bezeichnung spricht dafür das Linné Fossilien als Steine, die nur dem Äußeren nach Tieren ähneln, betrachtet und er teilt sie auch dementsprechend den „echten Steinen und Mineralien“ zu. Vor Linné hatten einzelne Naturforscher Fossilien bereits als versteinerte Lebewesen gedeutet, aber dank Linnés Arbeit und Autorität  wird diese Erkenntnis  fast weitere 100 Jahre brauchen um sich endgültig durchzusetzen.

      J.W. von Goethe und Tiroler Mineralien

      $
      0
      0
      Dichter Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) war - neben Fossilien - auch fleißiger Gesteins- und Mineraliensammler. Während seiner Reise nach Süditalien (1786–1788) sammelte er zwischen Innsbruck und Gardasee insgesamt 24 Gesteinsarten. 

      Vom Brenner abwärts schreibt er in seinem Tagebuch:
       
      „Glimmerschiefer und Quarz durchzogen. Stahlgrün und dunkelgrau. An denselben lehnte sich ein weißer, dichter Kalkstein, der an den Ablösungen glimmerig war und in großen Massen, die sich aber unendlich zerklüfteten, brach. Oben auf dem Kalkstein legte sich wieder Glimmerschiefer auf, der mir aber zärter zu sein schien. Weiter hinauf zeigte sich eine Art Gneis oder vielmehr eine Granitart, die sich zum Gneis umbildet.“

        
      Goethe sammelte auch in späteren Jahren Mineralien aus Tirol und dem Fassatal.So rühmt er sich in einem Brief an einen italienischen Mineralien-Händler „die wichtigsten Tiroler Mineralien, auch die vom Fassatal, meistens in schönen Exemplaren“ sein Eigen zu nennen.

      Peter tanzt auf dem Vulkan

      $
      0
      0
      Auch nun Teil der Geschichte ;( 

      Kunst & Geologie: Wenn die Säulen des Himmels auf der Erde ruhen...

      $
      0
      0
      Und kaum dass meine Augen sich an das Dunkel gewöhnt hatten, traf mich wie ein Schlag die stumme Rede des bebilderten Steins, die den Augen und der Phantasie eines jeden verständlich ist (denn picture est laicorum literatura), und stürzte mich tief in eine Vision, von der meine Zunge noch heute nur stammelnd zu berichten vermag.“ 
      Umberto Eco, „Im Namen der Rose“ (1980) 

       Sie sollte das himmlische Jerusalem auf Erden darstellen – die gotische Kathedrale - lichtdurchflutet, in die Höhe strebend sollte sie sein. Von Paris aus breitete sich ab 1150 dieser Baustil in ganz Europa aus, das 13. Jahrhundert wird als Höhepunkt der Gotik betrachtet. Kennzeichnend sind die spitz-zulaufenden Türme, die hohen Räume und die Strebebögen. Zeitgleich mit den Mauern wurden die Strebebögen hochgezogen, die die Mauern von Außen stützen und das Gewicht des Daches zur Seite ableiteten. Da die Mauern entlastet wurden, war es möglich höher zu bauen und vor allem große Fenster einzuplanen. Aber auch wenn das Gebäude überraschend filigran und leicht erscheint, so übt die Steinkonstruktion durch ihr Gewicht doch gewaltigen Druck auf den Untergrund aus. 


      Abb.1. Die Kathedrale von Clermont-Ferrand.

      Heute würde man die Statik berechnen, im Mittelalter musste der Baumeister sich auf seine Erfahrung stützen und eventuell Mauern und Fundamente dicker und mächtiger bauen lassen, um genügend Sicherheit und Standfestigkeit zu garantieren. 

      Dieser „Mehraufwand“ ist oft der Grund wieso Kathedralen und andere mittelalterliche Bauten oft über Jahrhunderte hinweg sogar Erdbeben trotzen konnten. Dennoch kann sich der Untergrund als Schwachpunkt der Konstruktion erweisen. Während des Baus wurden die Mauern durch ein Holzgerüst gestützt, beim Abbau des Stützsystem stellte sich heraus ob der Baumeister sein Fach beherrschte. So sackte das Kirchenschiff der berühmte Kathedrale von Notre-Dame in Paris während ihres Baues zusammen. Die Westfassade wurde um beinahe 30cm nach Außen gedrückt da der Untergrund nicht standfest genug war und ungleichmäßig nachgab Die Mauern blieben zwar stehen, problematisch  war aber das noch die beiden Türme  fehlten, also noch zusätzliches Gewicht dazukommen sollte! 
      Zehn Jahre musste man warten bis sich der Boden genügend gesetzt hatte und man mit den Bau endlich weiterfahren konnte.

      Kunst & Geologie: Gebirgsbildung und Landschaftsmalerei

      $
      0
      0
      Der flämische Künstler Joachim Patinir (1475/1480-1524)  scheint sehr an der Geologie seiner Zeit interessiert gewesen zu sein, so tauchen in seinen Landschaftsbildern immer wieder exakt dargestellte Felsklippen auf, wie auch breite Flüsse, die laut Georg Agricola eine bedeutende Rolle in der Gebirgsbildung hatten, so schreibt Agricola in seinem „De ortu et causis subterraneorum“ (1546):
       
      Zwei Kräfte sind es, deren sich die Natur zur Erschaffung der Gebirge bedient: das Wasser und der Wind in Verbindung mit den Dämpfen. Bei der Zerstörung der Gebirge finden wir außer diesen beidne Kräften noch eine dritte, das Feuer, beschäftigt… Die Gießbäche spülen anfangs nur die weiche Dammerde ab; in ihrem weiteren Fortlaufe lassen sie selbst die … Felsen nicht unbenagt; sondern waschen ganz kleine Stückchen oder Bröckeln von ihnen ab; endlich spalten sie sogar das Gebirge entzwei und wälzen große Felsklumpen mit fort. In wenigen Jahren wühlen sie auf der ebenen oder abschüssigen Fläche einen Graben oder ein Flußbett von merklicher Tiefe aus… Nach Verlauf mehrerer Jahrhunderte erreichen diese Flußbetten… oft eine anstaunenswürdige Tiefe… Mehre Flüsse scheinen sich zwischen den hohen Gebirgen, die ihre Ufer formieren, hindurchzudrängen. Wenn sich das Gebirge zu beiden Seiten der Flüsse gesenkt haben, so bilden sich weite und niedrige Täler, über die sich blühende Gefilde ausbreiten…

       
      Abb.1. Joachim Patinir „Flucht nach Ägypten"„Charon in der Unterwelt“ (um 1515-24).

      Kunst & Geologie: Leonardo da Vinci, Felsen und Erosion

      $
      0
      0
      Erste exakte Darstellungen von Felsformationen in Bildern findet man bei Renaissance-Künstler Giovanni Bellini (1437-1516) und Leonardo da Vinci (1452-1519), wobei bei Ersteren weniger die Wissenschaft als die Symbolik im Vordergrund stand. Für Bellini steht die Natur für Gottes Werk, eine so genaue Darstellung wie möglich sollte daher Gottes Schaffen lobpreisen. 
      Abb.1. Giovanni Bellini, Ekstase des heiligen Franziskus, um 1485.

      Da Vinci studierte die Natur aus Interesse an ihr und wandte einige seine Beobachtungen und Entdeckungen für seine Bilder an. Die Flüchtigkeit und das Fließen des Wasser hatte es ihm besonders angetan. Da Vinci erkannte die erodierende Kraft des Wassers „Es möchte, wenn es ihm möglich wäre, die Erde in eine vollkommen sphärische Form verwandeln“.  Wasser spielt in seiner Erd-Philosophie die Rolle des Blutes im menschlichen Körper:
       
      Wir können also sagen, die Erde habe ein triebhaftes Leben, ihr Fleisch sei das Erdreich, ihre Knochen seien die zusammenhängenden Schichten der Gestein, aus denen sich die Berge zusammensetzen: ihre Knorpel seien die Tuffsteine, ihr Blut seien die Wasseradern. Der Blutsee, der das Herz umgibt, ist gleich dem Weltmeer. Das Atmen geschieht beim Menschen durch das Anwachsen und Abnehmen des Blutes in den Adern, und ebenso bei der Erde , durch den Zufluß und Rückfluß des Meeres; die Lebenswärme der Welt kommt vom Feuer, das in der ganzen erde verbreitet ist, und der Sitz des triebhaften Lebens befindet sich in den Gluten, die an verschiedenen Stellen der Erde ausströmen, in Heilbädern und Schwefelquellen und Vulkanen, wie etwa Mongibello (Ätna) auf Sizilien und vielen Anderen Orte.“
      Codex Leicester
       
      Es existieren fünf Skizzen die Da Vincis Studien zu Felsklippen beinhalten. Die stark zerklüfteten Felsen sind durch Wind und Wetter, Regen und Frost aufgelockert und ein Bach hat eine tiefe Schlucht in das Massiv gegraben. 

      Abb.2. Studie von Felsklippen.

      In seinen fertigen Bildern stellt Da Vinci kaum nur eine Landschaft dar, allerdings tauchen geologische Beobachtungen im Hintergrund seiner Porträts auf. Hinter der Mona Lisa sieht man einen See. Dieser könnte auf seine Entdeckung beruhen das der Fluss Arno bei Florenz einst durch Felsriegel zu einem See aufgestaut war (oder auch nur inspiriert durch denSee von Iseo).
       
      Abb.3. Da Vinci, das Arno-Tal in Vogelperspektive.

      Da Vinci stellt die erodierende Kraft des Wassers in seiner Felsengrottenmadonna dar. Das Gebirge scheint bis zum Hintergrund hin vom Wasseradern aufgelöst worden zu sein, beinahe zerfressen. Hier stellt Da Vinci seine Vorstellung vom Erdinneren dar, so schreibt er auch in seinem Codex Atlanticus "Ganz große Flüsse laufen unter der Erde." Vielleicht wurde das Gemälde auch durch die  Erforschung einer realen Höhle, wie sie Da Vinci selbst beschreibt, inspiriert:

      „Gezogen von meinem gierigen Verlangen …, süchtig, die große Fülle der verschiedenen und seltsamen Gestaltungen der kunstfertigen Natur zu sehen, kam ich nach einigem Umherwandern zwischen den düsteren Felsen zum Eingang einer großen Höhle, vor dem ich eine Weile verwundert stehen blieb, weil ich nichts von ihr wusste. Mit gebeugten Rücken, die linke Hand auf das Knie stützend und mit der rechten die gesenkte, gerunzelte Stirn überschattend, streckte ich mich immer wieder nach vorn, bald hierhin und bald dorthin, um auszumachen, ob drinnen etwas zu erkennen sei.  Aber daran wurde ich durch die tiefe Dunkelheit gehindert, die dort herrschte. Nachdem ich so eine Weile dagestanden hatte, wurden zwei Gefühle in mir wach, nämlich Schauder und Begierde: Schauder vor der düster bedrohlichen Höhle und Begierde zu erforschen, ob dort im Inneren etwas Staunenswerte zu finden sei...“

      Abb.4. Felsgrottenmadonna, um 1495–1508

      Literatur:

      SCHNEIDER, N. (2009): Geschichte der Landschaftsmalerei – Vom Spätmittelalter bis zur Romantik. Primus-Verlag: 214

      Die Magie der Steine

      $
      0
      0
      Seit Urzeiten hofft der Mensch auf die Hilfe von Symbole und Amulette, auf diese “Anker”  werden eigene Wünsche und Hoffnungen projiziert. Verschiedene Schmucksteine sollen individuell auf das Befinden des Trägers wirken und nicht nur physische, sondern auch psychische Eigenschaften fördern, wie schöpferische Kraft, Weisheit usw. Heilsteine umfassen Edel- wie auch Halbedelsteine, vom edlen Diamant zum feurigen Rubin, vom einfachen Quarz in all seinen Varietäten zum „Blutstein“ Hämatit.


      Bereits medizinische Papyrus aus dem alten Ägypten enthalten Beschreibungen von Medizinrezepturen die auch Mineralien beinhalten. Das schwarze Pigment "kohl" diente neben der Ästhetik auch als mögliche Medizin und Schutz der Augen vor dem gleißenden Sonnenlicht. In der indischen Medizin soll Mineralpulver angeblich die innere Harmonie der Farben (wobei das entsprechend farbige Pulver eingenommen werden muss) zurückbringen. Bei den Römern sollte Hämatit-Pulver bei Augenleiden helfen. Der griechische Naturgelehrte Aristoteles (384-322 v.Chr.) lehrte das Strahlung der Gestirne die Mineralien in der Erde wachsen lasse, so wie die Sterne Einfluss auf den Menschen hatten, übertrug sich diese Eigenschaft auch auf die Edelsteine.

      Im Mittelalter bis zur Renaissance waren die Kräfte der Mineralien ein wichtiges Bestimmungsmerkmal um sie vom gewöhnlichen Gestein zu unterscheiden. Neben sichtbaren Merkmalen wie Farbe und Glanz wurden in zeitgenössischen Traktaten auch die „operationes“, also ihr medizinischer Einsatz, stets angeführt. 

      Abb.2. Ein Lapidarium, der "Hortus sanitatis – Tractatus de lapidibus" um 1485, die Edelsteine sind nach ihren angeblichen Heilkräften im Buch aufgelistet, beschrieben und dargestellt.

      Hildegard von Bingen (1089-1179) machte die Heilsteine durch ihre Schriften, wie „Physica“ und „Causae et curae“ populär und wirkt auch heute noch nach. Über 20 Schmucksteine werden bei ihr beschrieben. Der Bergkristall soll unter Anderem gegen Krankheiten der Augen helfen, aufgeladenen mit Sonnenlicht soll er auf die betroffenen Stellen gelegt werden. Moderne Edelsteinmedizin nutzt 12 Steine, wobei es keine einheitliche Liste der Steine und ihre angebliche Wirkungen gibt. 12 ist übrigens eine heilige Zahl, da angeblich der Hohepriester der Israeliten ein goldenes Schild, verziert mit vier Reihen von drei Edelsteinen, als Schmuck trug, davon stammt auch die moderne Idee der 12 Monatssteine ab.

      Eine oft angeführte pseudowissenschaftliche Erklärung für die angebliche Wirkung von Schmucksteine sind geladene Ionen. Tatsächlich sind Kristalle ladungsneutral, da sich die Atome im Kristallgitter am energetisch günstigsten anordnen und negative wie positive Ionen oder Ionengruppen gegenseitig aufheben. Daneben ist es völlig unklar wie geladene Ionen überhaupt auf Organe und Psyche wirken sollten. Die deutschen Physiker B. Helm und P. Ludwig schlagen vordas Kristallgitter Schwingungen abgeben und diese "Energie" auch Wasser aufladen könnte. Ein ähnliches Prinzip wie in der Homöopathie, die nachgewiesenermaßen nicht funktioniert.
       

      Neben angeblichen magischen Kräften - wie „Energie konzentrieren“, physikalisch ziemlicher Unsinn - haben diese Amulette aber tatsächlich einen positiven psychologischen Effekt, indem sie als Erinnerung an gewisse gesteckte Ziele dienen können...sie zu erreichen ist aber uns selbst überlassen.

      Literatur:

      DUFFIN, C.J. (2013): Lithotherapeutical research sources from antiquity to the mid-eighteenth century. In: Duffin, C. J., Moody, R. T. J. & Gardner-Thorpe, C. (eds): A History of Geology and Medicine. Geological Society, London, Special Publications, 375: 7–43

      Kunst & Geologie: Ewige Schönheit und blutiger Fluch - der Diamant

      $
      0
      0


      Der Begriff Diamant leitet sich vom griechischen adamas ab, der Unbezwingbare, eine Anspielung auf seine Härte und schwierige Bearbeitung, aber auch auf seine angebliche Macht gegen Gifte und Angriffe zu schützen. 

      Abb.1. Perfekter Kristall auf Matrix.

      Erst um 1694 konnten der Arzt und Physiker Cipriano Targioni (1672-1748) und der Naturforscher Giuseppe Averani (1662-1738) zeigen das Diamanten brennbar sind und in 1772 wandelte Antoine Laurent de Lavoisier einen Diamanten in Rauch (CO2) um – Diamanten waren also gar nicht so unbezwingbar wie angenommen. In 1797 erbrachte der Mineraloge Tennant den endgültigen Nachweis das der Diamant nur reiner, kristalliner Kohlenstoff ist. Kurioserweise wurde erst im 20. Jahrhundert der Brillantschliff entwickelt, der das Feuer eines Diamanten erst so richtig zur Geltung bringt, vorher war der Schnitt von Diamanten relativ unspektakulär, mit wenigen Flächen die das Licht brechen konnten. Dies erklärt vielleicht auch die Tatsache das reiner Quarz (schöne, klare Kristalle sind relativ selten aber immer noch kostengünstiger als ein Diamant) als Diamant-Ersatz bei römischen Artefakten beliebt war.

      Abb.2. Der Edelstein-Händler Jean-Baptiste Tavernier (1605-1689) illustriert in seinem Reisebericht die Schliffmuster für Edelsteine (aus "Les Six Voyages de Jean-Baptiste Tavernier", 1676), er war auch einer der zahlreichen Besitzer des Hope-Diamanten (den er passenderweise "le Tavernier" nannte).

      Lange zeit war der Ursprung der Diamanten ein Rätsel. Laut Hinduismus entstehen Diamanten wenn Blitze in Felsen einschlagen. Heute weiß man das Kohlenstoff  in einer Tiefe von 100km so zusammengebacken wird, das die Kohlenstoff-Atome zu all ihren Nachbarn eine Verbindung aufbauen, was die hohe Härte des Kristalls erklärt. Kurioserweise ist der Diamant zwar der härteste natürliche Kristall der in der Natur vorkommt, aber auch sehr spröde.

      Im Altertum stammen Diamanten aus den einzig bekannten Lagerstätten in Indien (bis um 1650 die einzig bekannte Lagerstätte für den Edelstein), hier waren Diamant-führende Kimberlit-Gesteine (aus Olivin und Biotit zusammengesetzte Mantelgesteine die aus der entsprechenden Tiefe für Diamant-Bildung stammen) der Dekkan-Basalte erodiert und die Edelsteine in Sedimentgesteine angereichert worden. Erst viel später wurden Vorkommen auch in Südafrika (1867), Russland (Sibirien, um 1950), Australien (1970), Kanada, Venezuela, Brasilien (1725) und Borneo entdeckt. 

      Die heutige weltweite Jahresproduktion beträgt um die 20 Tonnen, die meisten Diamanten haben dabei nur industrielle Verwendung.

      Der 787-Karat schwere Großer Mogul wurde zwischen 1500-1650 in der Lagerstätte von Kollur gefunden und verschwand auf mysteriöser Weise, vielleicht umgeschliffen zum Koh-I-Noor. Koh-I-Noor(108ct nach zahlreichen Schleifarbeiten), großer Diamant von Kollur laut einigen Schriftgelehrten, nach anderen aber auch einfach Berg des Lichts, gehörte dem König von Babur und ersten Mogul von Indien. Er gelangte 1849 in die Hände der Ostindien-Kompanie und schließlich in die Kronjuwelen der englischen Krone. 



      Seit 1918 verschwunden ist der Florentiner, ein 137-Karat schwerer Indischer Diamant der den Herzögen der Toskana und später den Habsburgern gehörte. Der  Hope-Diamant (45ct), wahrscheinlich ebenfalls aus Indien, ist durch eine charakteristische blaue Färbung gekennzeichnet. Angeblich verflucht gehörte er heute zur Sammlung des Smithsonian Institute in Washington. Der Cullinan wurde 1905 in einer Mine bei Pretoria in Südafrika gefunden, mit einem Rekordgewicht von 3106-Karat. Aber auch dieser Fund war nur ein Teil eines viel größeren, mit typischer Doppelpyramiden-Form, Diamant-Kristalls - damit ist der Culinan der größte je entdeckte Diamant. 

      Nicht nur in der Liebe, so spielen Diamanten leider auch im organisierten Verbrechen und in Terror-Netzwerken eine wichtige, wenn auch eine blutige Rolle. Sie bieten einehohe Gewinnspanne bei geringes Gewicht - ein "ideales Zahlungsmittel"- leicht zu transportieren, können schnell zu Geld gemacht werden und es ist immer noch schwierig nachzuweisen woher die Kristalle ursprünglich stammen, ob aus regulären Minen oder als Blut-Diamanten aus Konfliktzonen.
       

      Naturgefahren, Mythos und Kult in den Alpen

      $
      0
      0
      Die großen Ereignisse in den Alpen kommen aus dem Kult, aus der großen Angst vor den Bergen, den Gefahren, den Bedrohungen. Überall schlägt der unbarmherzige Bergtod zu, reißt seine geliebten Murbrüche aus allen Steilhängen und Runsen, lockt die wunderschönen weißen Todeslawinen aus den offenen Steilhängen, und sie jauchzen zu Tal, immerfort das Verderben hinter sich herziehend. Wehe, wehe den darunter wohnenden Lebewesen, den Menschen, Schafen, Ziegen, Bergböcken, Gemsen…[]… Zur Abwendung drohender Gefahren haben sich die Menschen ihre kultischen Spiele ausgedacht, meist sinnlose Ablenkungsmanöver, kleine Beschwichtigungsversuche angesichts der übermächtigen Kraft dort oben, ganz oben, auf den Graten und Abbruchstellen, den Karen und Murensammelstätten...[].
      Also haben die kleinen Menschlein ihre Ablenkungsspielchen ersonnen, ganz und gar harmlose Menschenzaubereien
      .“
      HAID, H. (1990): Mythos und Kult in den Alpen.

      Naturgefahren haben schon immer das Leben und Gut der Alpenbewohner bedroht. Zahlreich sind die überlieferte Katastrophen, Bergstürze, Lawinen, Überschwemmungen undUnwetter. 
      Naturkatastrophen wurden als von einer höheren Macht (sprich "Gott") gesandt oder zumindest (zeitweise) tolerierte Ereignisse angesehen, zahlreich sind die Legenden von Hexen die „Wetter machen“ und Dämonen die Muren verursachen. Auch, oder vielleicht besonders, waren Gletscher gefürchtet. Der Schweizer Naturforscher Horace-Bénédict de Saussure (1740-1799) schreibt „Ich selbst habe in meinen Kindertagen Bauern behaupten hören, der ewige Schnee sei ein Fluch, der auf den Bergbewohnern zur Strafe für ihre Frevel laste.
      Zahlreich sind auch die Bräuche die versuchen diese Naturkräfte zu bändigen.



      Auch Mythen wiederspiegeln geologische und klimatologische Ereignisse in den Alpen wieder. Die Fanes-Sage ist ein Epos der Ladiner, der ursprünglichen Bewohner der Dolomiten



      Einst, so die Erzählung, verriet der König der Fanes sein Volk an die verfeindeten Cayutes, wobei das Reich zerstört wurde. Der König wurde versteinert und wartet am Falzarego Pass ("el fausto rego"– der falsche König) noch heute auf den versprochenen Lohn für seinen Verrat. Die Königin dagegen wartet im Reich der Murmeltiere auf die „verheißene Zeit“, wenn das Reich der Fanes wieder auferstehen wird.
       

      Abb.1. Das Parlament der Murmeltiere auf der Fanes-Hochfläche.

      Möglicherweise wiederspiegelt diese Sage eine klimatische Veränderung seit der Bronzezeit wieder – als die verkarsteten Hochflächen grün und fruchtbar waren. Am Castel del Fanes wurden Spuren einer Wallburg entdeckt. Als das Klima harscher wurde mußten die Hochlagen aufgegeben werden, nur die Sage erinnert an die ehemaligen "goldenen Zeiten" und das sich das Klima auch wieder ändern kann, wie die verheißene Zeit verspricht.

      Die erste bekannte Gletscherdastellung überhaupt wurde um 1601 von Abraham Jäger angefertigt, als nämlich der Gletschersee, der durch den Vernagtferner aufgestaut wurde, das Ötztal gefährdete. Dieser Gletscher wurde anschließend so bekannt, dass er schon bald zum Ersten Mal auf einer Karte des Kartograph Warmund Ygl, um 1605 herausgegeben, auftaucht. Ygl zeichnet eine weiße Masse ein, die die Bergsignatur überdeckt ein, mit der Beschreibung „Der Groß Verner – Glacies continua et perpetua“. Diese Darstellung im Kartenwerk wird von zahlreichen späteren Kartographen, wie Matthäus Merian (1649), übernommen werden.
      Im zur Karte gehörenden Kommentar erwähnt Ygl: „Jenes verhärtete Eis ist zusammenhängend und dauernd; unter ihm entspringen im Umkreis zahlreiche Gewässer, die sich in die verschiedenen Richtungen ergießen (die teils vom Inn, teils von der Etsch aufgenommen werden). Es macht hier zahlreiche und tiefe Spalten, die, wenn sie nicht offen liegen, weil vom Schnee verdeckt, die darüber Gehenden in Lebensgefahr bringen. Bauern, Bergleute und Jäger pflegen nämlich im Sommer in der Richtung von Tal zu Tal über jenes Eisgebirge zu gehen.“

      Zum Vernagtfernerwurden im Lauf der Zeit zahlreiche Prozessionen unternommen um mittels göttlichen Segens einen Seeausbruch abzuwenden.

      Ein weit verbreitetes Motiv ist der Gletscher als übernatürliche Strafe auf einen Frevel gegen Mensch oder/und die Natur. Einst, wo sich heute die Pasterze in den Hohen Tauern erstreckt, gab es ein weites Tal mit einer herrlichen Alm. Kühe und Milch gab es reichlich und so wurde jeden Tag ein Fest gefeiert. Eines Tages nutzen die Bauern die Buttervorräte als Kugeln und die Käselaibe als Kegel für ein Spiel. Doch als ein armer Musiker um etwas Käse und Brot bat, wurde er harsch abgewiesen. Daraufhin entfesselte sich ein schreckliches Gewitter und im Sturm erstarrten in kürzester Zeit Mensch und Tier zu Eis. 

      Unter dem Vernagt Ferner liegt eine Stadt aus Gold verborgen. Laut Legende wuchsen in der Nähe der goldenen Stadt Dananä, auf über 2.500 m Seehöhe gelegen, Weinreben.  Doch zur Strafe für den Geiz der Bewohner wurde die Stadt vom Vernagtferner überdeckt. und auch das Mer de Glace und die Marmolata überdeckten heute einst fruchtbares Land. 
       

      Auch im Schweizer Lötschental soll Obst- und Weinbau bis in große Höhe möglich gewesen sein - nur die Sommer waren oft zu trocken.  Daraufhin riet ein Zauberer man sollte Eis von sieben verschiedenen Gletschern ins Tal bringen, die das Tal abkühlen sollten. Doch bald begonnen die Eisstücke zu wachsen und bald wurde das Tal vom neuen Gletscher verschlungen.
      Im Österreichischen Tuxer Tal erklären verschiedene Sagen-Versionen die „gefrorene Wand“. Dort stand vor langer Zeitdie schönste Alm im Tal, die aber einen rechten Geizhals und Menschenschänder gehörte. Einst arbeitete er am Vorabend von „Hoachn Frauenabnd“ (Maria Himmelfahrt), trotz des Brauches den Gesinde eine freien Tag zu gönnen. Ein heftiger Sturm zog auf, und als die Leute am nächsten Tag zurückkamen lag auf der Alm eine Schicht von Schnee und Eis.
       

      Möglicherweise spiegeln auch sich in diesen Mythen tatsächliche Begebenheiten wieder, nämlich eine verlängerte Wärmephase in der ersten Hälfte des Holozäns und die Gletschervorstöße während der Kleinen Eiszeit.

      Literatur:
      BEIMROHR, W. (2008): Warmund Ygl und seine Karte von Tirol. Tiroler Landesarchiv
      JÄGER, G. (2004): Almen und Gletschervorstöße in der Tiroler Geschichte und Sagenwelt (Teil 2). Der Alm- und Bergbauer, Nr. 1-2: 25-28
      SCHARFE, M. (2007): Berg-Sucht – Eine Kulturgeschichte des frühen Alpinismus 1750-1850. Böhlau Verlag, Köln-Weimar: 382
      LEITNER, U. (Hrg.) (2014): Berg & Leute – Tirol als Landschaft und Identität.

      Kunst & Geologie: Der Hexensabbat

      $
      0
      0
      Laut Legende soll in der Walpurgisnacht der Hexensabbat nebst der Wilden Jagd stattfinden.

      Abb.1. Francisco de Goya, Hexensabbat (1797-98).

      Der Begriff der  Wilden Jagd wird zuerst in 1835 von den Gebrüdern Grimm schriftlich festgehalten und beschreibt den unheimlichen Zug von Hexen oder Untoten zu den verfluchten Treffpunkten. 

      Einer dieser Treffpunkt ist der Schlern (2.563m) in den Südtiroler Dolomiten. Der Schlern ist ein ehemaliges Riff das sich über vulkanische Gesteine erhebt, der Gipfel wird von einem breiten Hochplateau eingenommen, das übrig blieb als der überdeckende Hauptdolomit abgetragen wurde. Das Hochplateau wird seit mindestens der Bronzezeit genutzt, es verwundert daher nicht das auch zahlreiche Sagen hier angesiedelt sind.

      Abb.2. Der Schlern.

      In den vulkanischen Gesteinen können typische Abkühlungsstrukturen gefunden werden – Basaltsäulen. Die sechseckigen Querschnitte werden in den lokalen Sagen als „Hexenstühle“ bezeichnet, da sie – so die Sage weiter – während bestimmter Nächte als Sitzgelegenheiten für Hexen und Dämonen dienen.

      Abb.3. Die sogennanten Hexenstühle der Seiser Alm.

      Bohnerz, das auch hier gefunden wird da es aus den überlagernden Sedimentgesteine herauswittert, wurde auch in die Sage mit eingebunden. Die eisenhaltigen Konkretionen sind die Nägel die aus den Schuhen der tanzenden Hexen herausgefallen sind.

      Literatur:

      HUTTON, R. (2014): The Wild Hunt and the Witches' Sabbath. Folklore 125(2):161-178

      Der Einfluss von Klimawandel und Geologie auf das Kletterrisiko

      $
      0
      0
      Wo sich Italien mit Rätien verbindet,
      berührt das steile Gebirge die Sterne und bietet sogar im Sommer
      nur einen fruchtbaren Pfad. So mancher, als ob er die Gorgo gesehen,
      ward tödlich gefroren durch Eis; andere wurden verschlungen
      durch mächtige Massen von Schnee. Gar oft versinken die zerschellten Wägen
      mit dem Zugvieh in den weiß schimmernden Abgrund.
      Manchmal bringt der Berg plötzlich Verderben durch gleitendes Eis,
      von warmen Wind gelöst verliert der Fels den Grund.

      Claudius Claudianus (ca. 370-404 n. Chr.)

      Die Alpen waren schon immer ein gefährlicher Ort wie diese historische Beschreibung zeigt, aber wie sieht die Zukunft aus, vor allem in Anbetracht der bereits stattfindenden Veränderungen von Klima und Landschaft?


      Der Klimawandel trifft den Alpenraum besonders hart, hier war der Temperaturanstieg vom späten 19. Jahrhundert bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts um die  2 °C, doppelt so hoch wie im globalem Durchschnitt. Die höheren Temperaturen haben nicht nur Einfluss auf Pflanzen und Tiere, sondern auch auf Felsen und Berge - Gletscher ziehen sich zurück und der Permafrost schmilzt ab.

      Abschmelzender Permafrost führt nicht nur dazu das der Eis-Kitt in Felsspalten verloren geht, sondern auch das Wasser eindringen kann und die Volumenänderung des Felsen durch Temperaturschwankungen verstärkt wird. 
      Erhöhte Steinschlaggefahr  in den europäischen Alpen wurde mit dem Abschmelzen des Permafrosts in Zusammenhang gebracht. Allerdings ist es schwierig die derzeitige Steinschlagaktivität mit der Vergangenheit zu vergleichen, es gibt kaum Quellen dazu (wie zum beispiel alte Photos), und daher einen direkten Zusammenhang mit dem Temperaturanstieg in den letzten 150 Jahren herzustellen. Forscher haben nun auf ungewöhnliche Dokumente zurückgegriffen – historische Beschreibungen von Kletterrouten. 

      Die ersten Kletterführer wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, mit dem Aufkommen des Alpinismus, veröffentlicht - zuerst in englischer, später auch deutscher Sprache und in immer größeren Zahlen. Viele Beschreibungen von Kletterrouten umfassen nicht nur die Lage, Art und Schwierigkeit einer Route, sondern auch mögliche objektive Gefahren, wie brüchiger Felsen oder Steinfall. Durch das Vergleichen wie sich diese Beschreibungen in verschiedene Ausgaben von Kletterführern über die Jahre hin verändert haben, kann die Steinschlaggefahr abgeschätzt werden. In den letzten 148 Jahren haben sich bei 19% der Kletterrouten im Eigergebiet die Gefahrenabschätzung geändert, zumeist wurde die Gefahr von plötzlichen Steinschlag als höher eingestuft oder der Fels als brüchiger bezeichnet (es gab allerdings auch positive Entwicklungen). Die Gefahr wurde besonders in den letzten Jahrzehnten als höher eingestuft.
       
       
      Abb.1. Geologisches Profil der Schweizer Alpen nach Albert Heim (1919). Die Gipfel bestehen aus Karbonatgestein und anderen Meeresablagerungen, wie auch die berühmte Eiger-Nordwand. Rot: Autochthones Kristallin des Aarmassiv, Blau: Decken des Helvetikum und Penninikum.

      Die Gefährlichkeit einer Route hängt einerseits von ihrer Lage ab, ob auf einem Grat, Felsturm oder Rinne gelegen, ihrer Exposition und der Geologie ab. Rinnen sind prinzipiell gefährdeter als Grate. Speziell Routen auf Süd-Südwest exponierte Flächen wurden seit 1980 als gefährdeter angesehen, Hinweis das Temperaturerhöhung auf sonnigen Flächen eine Rolle spielt.  Auch Routen in Granit und Amphibolit zeigen erhöhte rezente Steinschlagaktivität, auch wenn hier die Rolle des Klimawandels nicht ganz klar ist. 

      Die Steinschlaganfälligkeit hängt von vielen Faktoren ab, wie Druckfestigkeit, Verwitterbarkeit, Kluftdichte, thermische Ausdehnung und Albedo des Gesteins.
       
      Die Rolle der Gesteinsart auf Kletterrouten ist fast eine eigene Wissenschaft, da hier nicht nur das Wissen des Geologen, sondern auch die Erfahrung des Kletterers zählt.
      In den Alpen können alle wichtigen Gesteinsarten gefunden werden, von metamorphe Gesteine in den Zentralalpen über magmatische Gesteine, wie beim Montblanc, Seealpen, Adamello, Rieserferner, zu den Sedimentgesteinen der Kalkalpen und Dolomiten. 

      Sedimentgesteine umfassen Sandsteine und Karbonate, diese können mehr oder weniger verfestigt und zementiert sein. Für den Kletterer sind in den Alpen Kalk- und Dolomitgesteine von Interesse. Sehr anfällig für chemische Verwitterung, bilden diese Gesteine interessante Kletterrouten aus mit Rinnen, Löcher, Leisten und Rissen. Sie zerfallen meist zu kleineren Blöcken und die Schutthalden am Fuß der Felswand sind mühsam zu begehen. 

       
      Magmatische Tiefengesteine wie Granit sind harte, massive und homogene Klettergesteine, bilden oft steile bis vertikale Felswände aus die einen guten Reibungswiederstand aufweisen. Allerdings sind solche Intrusivkörper meist eher eintönig und die Felswände eher wenig strukturiert. Granit bricht in große Blöcke oder Platten ab, die Blöcke sind gegen chemische Verwitterung sehr resistent und verwittern langsam, es kommt zur Bildung von schwer begehbaren Blockhalden.  Es ist auch mit einer erhöhten Steinschlaggefahr zu rechnen.

      Metamorphe Gesteine dominieren in den Alpen und weisen, wenn  massiv, ähnliche Klettereigenschaften wie Magmatite auf. Amphibolite, vor allem aber Gneise sind ähnlich wie Granite gut zu klettern, Gneis-Gebirge sind beliebte für Gratkletterei. Schiefergestein bilden eher brüchige Abschnitte, da diese zwei Gesteinsarten oft ineinander übergehen bilden sich komplexe Gebirgslandschaften.

      Literatur:

      TEMME, A.J.A.M. (2015): Using climber’s guidebooks to assess rock fall patterns over large spatial and decadal temporal scales: an example from the Swiss Alps. Geografiska Annaler: Series A, PhysicalGeography, 97: 793-807

      Kunst & Geologie: Die Kunst im Bergbau

      $
      0
      0
      Darstellungen von Bergbau sind selten im frühen Mittelalter und die wenigen Überlieferungen oft mit ungenauen Details versehen. Vielleicht aus religiösen Gründen, Bergbau wird in der Bibel relativ selten erwähnt und fällt daher für viele Künstler (und Auftraggeber) zunächst als interessantes Thema weg. 

      Abb.1. Suche nach Mineralien, Miniatur in einer mittelalterlichen Ausgabe "Die Natugeschichte des Cajus Plinius Secundus".

      Erst mit der Blüte des Bergbauwesen ab dem 15. Jahrhundert ändert sich dies.Religiöse Darstellungen an Altären mit Heilige, zuständig für den Bergbau wie die Heilige Barbara, kommen im 16. Jahrhundert auf. Die ältesten Skulpturen von Bergleute finden sich dann auch in der Kapelle am Welfesholz bei Mansfeld. Handsteine waren Erzstufen die mit christlichen Symbolen verziert wurden.

      Als Höhepunkte der Bergbau-Kunst werden unter anderem Werke wie „De Re Metallica“ des Georgius Agricola und das „Schwazer Bergbuch“ (beide um 1556) angesehene. Beide Werke folgen der Tradition der Volksbücher, Bücher die mit zahlreichen Abbildungen versehen waren, stellen sie aber auch technische Werke dar, die die richtigen Arbeitsabläufe in einem erfolgreichen Bergwerk darstellen. Georgius Agricola veröffentlichte sein Werk in Eigenregie, das Schwazer Bergbaubuch wurde dagegen in Auftrag gegeben in Anlehnung an ähnliche Werke die Festungsbau und Architektur behandelten.
      Abb.2. Silber-Bergwerk am Schneeberg, Schwazer Bergbaubuch um 1556.

      Die ersten Grubenkarten waren einfache Zeichnungen auf denen der Verlauf der Stollen eingetragen wurden. Später kommen Karten auf die die Verhältnisse in der Grube oder auf der Oberfläche festhalten nebst separater Beschreibung.
       
      Abb.3. Grubenplan aus der Vogelperspektive des Prettauer Kupfererzgruben aus dem Jahre 1584, mit Stolleneingängen, Zugangswegen und Bergbaugebäuden - eine typische Darstellung für die damalige Zeit durch den Kartographen Johannes Isidor Prixner. Man beachte auch den Grubenkompass am linken Kartenrand. Die Abbildungen der Mundlöcher des Stollens geben auch Hinweiße auf die Auszimmerungsart und Charakter des anliegenden Terrains.

      Manche Bergbaukarten und Grubenkarten wurden oft mit künstlerisch wertvollen Miniaturen verschönert, z.B. beim Bergbaumaßstab oder freier Platz wurde mit allegorische Darstellungen des Bergbaus ausgefüllt. Beliebt waren Gebäude des Bergbaus, Personen oder Arbeitsschritte und -werkzeuge.Der Kompass für die Orientierung der Karte war beliebtes Ziel der Verschönerung, meist wurden verkreuzte Gegenstände (z.B. Keilhaue und Schaufel) dargestellt. Dargestellt wurden neben Werkzeuge des eigentlichen Bergbaus auch Zeichengeräte die für die Herstellung der Karten und Grubenpläne verwendet wurden.
      Sonne und Mond waren Symbole für Gold und Silber wie oft die astrologischen Symbole für die in der Grube gewonnen Metalle verwendet wurden. Sehr selten sind Darstellungen von mythologischen oder Märchenwesen. Tiere wie Hunde, Hasen und Vögel treten ebenfalls selten auf.

      Abb.4. Putto mit Kompass, aus einem Minenplan von A.Rupprecht, um 1770

      Im Laufe der Zeit wurde immer größerer Wert auf die Übersichtlichkeit und Vollständigkeit der dargestellten Informationen gesetzt und die verschönernden Elementen verschwanden von den Karten. Teilweise ein Verlust, erzählen uns die Bilder doch von Bergbaufolklore,vom Leben der Knappen und der damaligen Bergbautechnik, eine reiche Quelle für den Geschichtswissenschaftler.

      Die Jagd nach dem Himmelsfeuer

      $
      0
      0
      Die Jagd nach dem Himmelsfeuer, der norwegische Physiker Kristian Olaf Bernhard Birkeland (1867-1917) konnte  in ausgehenden 19° Jahrhundert nachweißen das Polarlichter durch die Interaktion des Sonnenwinds mit der Atmosphäre und dem Magnetfeld der Erde entstehen. 

      Viewing all 120 articles
      Browse latest View live